Die Muskulatur des Pferdes - 40 Prozent des gesamten Körpers
Autor:in Kira Freienstein Veröffentlichungsdatum: 08/2024Ob Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Stabilität - das alles hängt von der Muskulatur eines Pferdes ab. Kein Wunder beträgt diese tatsächlich 40 Prozent der Körpermasse - und sorgt on top noch dafür, dass sämtliche Organe, das Lymphsystem und die Blutgefäße ihre Arbeit verrichten können. Den größten Anteil der Muskulatur bildet die Skelett-Muskulatur, auch die quergestreifte Muskulatur genannt, gefolgt von der glatten Muskulatur und einem ganz besonderen Muskel, dem Herzmuskel. Nur wenn alle Muskeln gesund und leistungsfähig sind, kann ein Pferd ohne Einschränkungen leben.
Muskel ist nicht gleich Muskel - die verschiedenen Muskeltypen
Wenn man die verschiedenen Muskeltypen unter die Lupe nimmt, sollte man beim wichtigsten aller Muskeln beginnen: dem Herz; ein kräftiger Muskel mit vier Hohlräumen. Er ist, wie bei jedem anderen Tier auch, das erste Organ, dass sich bei einem Embryo im Mutterleib ausbildet, der Motor des Organismus. Aufgrund seiner enormen Kontraktionsfähigkeit, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Größe hat es im Vergleich zu allen anderen Herzen die Nase ganz weit vorne. Nur ein Pferdeherz schafft es, von einer Ruhefrequenz von 28 bis 44 Schlägen in der Minute auf bis zu 250 Schläge zu erhöhen, wie es bei Rennpferden auf der Zielgeraden schon vorgekommen ist. Zum Vergleich: Bei Springpferden im Parcours wurden schon 180 Schläge in der Minute gemessen.
Die glatte Muskulatur findet sich an den übrigen Organen. Ihre Besonderheit: Sie ist über das Nervensystem gesteuert. Daher kommt es bei stressanfälligen Pferden häufig auch zu einem gereizten Magen und/oder Darm, zu Koliken oder gar zu Magengeschwüren.
Reden die Reiter von Training, Muskelaufbau und Muskelwachstum, dreht sich alles um die Skelettmuskulatur. Sie verfügt über eine Reihe von besonderen Eigenschaften:
- Anpassungsfähigkeit an die Körperhaltung
- hohe Stabilität
- hohe Stoffwechselrate
- gute Durchblutung
Ob auf der Flucht, beim Überwinden von Sprüngen, bei der Ausführung von Lektionen - ohne die quergestreiften Muskeln geht nichts. Diese müssen für die Erbringung dieser Leistungen nicht nur die Fähigkeit besitzen, sich maximal anspannen zu können. Sie müssen sich auf der anderen Seite auch maximal entspannen können; an diesem Punkt sprechen die Reiter von der Losgelassenheit. Die quergestreifte Muskulatur lässt sich darüber hinaus nochmals einteilen in
- Slow-Twitch-Muskelfasern
- Fast-Twitch-Muskelfasern
Erstere ziehen sich langsamer zusammen, nutzen das Sauerstoffangebot gut aus und sind vor allem bei Distanzpferden essenziell. Zweitere lassen sich nochmals unterscheiden in
- hochoxidative Fasern
- niederoxidative Fasern
Hochoxidative Fasern sorgen für mehr Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit. Niederoxidative Fasern dagegen sind für kurzfristige Höchtleistungen verantwortlich, wie sie Quarter Horses und Rennpferde abrufen können müssen.
Bei sämtlichen Arten der quergestreiften Muskulatur ist das richtige Training das berühmte A & O. Allerdings muss eigerechnet werden: Selbst bei regelmäßigem, täglichem Training nach angepasstem Plan dauert der Muskelaufbau bis zur drei Monaten. Der Rückgang der Muskelmasse beginnt dagegen bereits ab dem dritten Tag mit geringerer Arbeitsanforderung.
Woher bekommt der Muskel seine Energie?
Die wichtigste Energiequelle für die Muskulatur ist der Sauerstoff. Denn nur durch Zuführung von Sauerstoff kann der Muskel in seinen Zellen Glukose verbrennen. Der Sauerstoff gelangt über den roten Blutfarbstoff in den Muskel. Ist der Trainingszustand eines Pferdes gut, reicht der Sauerstoff aus; das Pferd befindet sich im sogenannten aeroben (Sauerstoff-reichen) Bereich. Bei Sauerstoffmangel hingegen rutscht es in den anaeroben Bereich, im Muskel entsteht Laktat und es kommt zu Übersäuerung, Ermüdung und Schmerzen.
Bei Zucht, Sport- und Hochleistungspferden ist die Muskulatur höchsten Belastungen ausgesetzt. Hier sollten - passend zum Trainingsplan - auch der Futterplan und damit einhergehende die Blutwerte in regelmäßigen abgestimmt beziehungsweise kontrolliert werden. Denn nur mit der optimalen Versorgung an Nährstoffen kann der Muskel wachsen bzw. auch vor der Zerstörung von Schadsubstanzen geschützt werden.
Denn nur mit der optimalen Versorgung an Nährstoffen kann der Muskel wachsen bzw. auch vor der Zerstörung von Schadsubstanzen geschützt werden.
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Aminosäuren
Aminosäuren gelten als die Grundbausteine der Eiweiße (Proteine) im Körper. Sie sind an allen lebenswichtigen Prozessen beteiligt. Doch nicht alle Aminosäuren, die ein Pferd benötigt, kann es selbst herstellen. Manche müssen daher über das Futter zugeführt werden. Dazu zählen auch folgende, für die Muskulatur wichtige Aminosäuren:
- Lysin:
Lysin fördert den Aufbau von Muskelmasse, unterstützt den Energiestoffwechsel der Muskulatur und ist für den Erhalt der Muskelmasse in Ruhe zuständig. - Methionin:
Methionin gilt als essenziell für die Muskelbildung. - Threonin:
Threonin fördert den Aufbau von Muskelmasse.
- Lysin:
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Antioxydanzien
Zu den bekanntesten Muskel-Antioxydazien zählen Vitamin E und Selen.
- Vitamin E:
Vitamin E optimiert zum einen die Sauerstoff-Versorgung im Muskel, was zu mehr Leistungsbereitschaft führt. Liegt Vitamin E im Mangel vor, kann es sein, dass die Pferde lahmen, einen steifen Gang entwickeln, sich verspannen und entzündliche, degenerative Veränderungen an der Muskulatur davontragen. - Selen:
Selen schützt die Zellwände vor sogenannten freien Radikalen und ist darüber hinaus unentbehrlich für die Funktionsfähigkeit sowie die Struktur von Herz- und Skelettmuskeln.
- Vitamin E:
Die häufigsten Muskelkrankheiten
Begonnen bei regressiven (rückläufigen) Veränderungen bist hin zu Muskelschwund über Verhärtungen in Folge von Entzündungen (z.B. nach Wunden), Nekrosen (Absterben) oder Verkalkungen oder auch Muskelveränderungen nach Traumata oder starker Arbeit - Muskeln können auf vielschichtige Art und Weise erkranken.
Die am häufigsten auftretende Muskelkrankheit ist der Kreuzverschlag.Je nach Schweregrad (Tying up = milde Form, moderate Form oder schwere Form) verfärbt sich der Urin von strohfarben bis hin zu kaffeebraun. Was sich in der leichten Form mit Unruhe, steifem Gang, gekrümmten Rücken und überstreckten Sprunggelenken wiederspiegelt, steigert sich in der schweren Form bis zu Angstzuständen, stehenbleiben, hochgradig schmerzempfindlichem Rücken- und Kruppenbereich, erhöhter Körpertemperatur und fehlenden Darmgeräuschen. Ein Kreuzverschlag wird meist durch falsche Fütterung wie zu viel Kraftfutter (vor allem an Ruhetagen), einer unzureichenden Versorgung mit Vitamin E und Selen, Nährstoff-Imbalancen und fehendem Elektrolyt-Ausgleich bei Schweißverlust begünstigt. Hier sollte das Futtermanagement sofort und vor allem auch langfristig angepasst werden.
Eine weitere, weit verbreitete Muskelerkrankung ist PSSM. Diese Abkürzung steht für Polysaccharid-Speichermyopathie und bedeutet einen vererblichen, nicht heilbaren Gendefekt. Ursprünglich ist man von zwei unterschiedlichen Varianten von PSSM ausgegangen, weshalb über Jahre die Differenzierung PSSM 1 und PSSM 2 existierte. Neuste wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigten allerdings, dass es sich bei PSSM 2 zwar ebenfalls um einen Gendefekt handelt, allerdings ist dieser treffender als Muskel-Integritäts-Myopathie beschreibbar, weshalb aus PSSM 2 der Name MIM wurde. In beiden Fällen können die Schübe, die eine nicht gravierende, aber permanente Muskelsteifheit, Schwitzen bei bereits leichter Arbeit, Lahmheiten und Muskelabbau an Rücken und Kruppe mit sich bringen, mit Hilfe einer angepassten Haltungsform, regelmäßiger Bewegung sowie einer angepassten Fütterung gemindert werden. In diesem Falle profitieren betroffene Pferde von hochwertigem Protein, Antioxydanzien und ausgewählten Vitaminen sowie grundlegend einer hochwertigen Vitalstoffversorgung.
Eine dritte, wohl bekannte, die Muskulatur betreffende Problematik ist das Shivering. Pferde, die unter dieser Krankheit leiden, sind körperlich völlig gesund abgesehen von unwillkürlichen Muskelbewegungen wie Zittern oder Krämpfe. Betroffen ist vor allem die Hinterhand, weshalb es beim Rückwärtsrichten oder beim Aufheben der Hinterhufe besonders stark zu Tage tritt. Auch Shivering gilt als unheilbar; die Patienten können bei richtiger Haltung und Fütterung aber sehr gut eingestellt und in nicht wenigen Fällen auch geritten werden. Bei Shivering sollten fettreiche Komponenten wie Öle, hochwertige Vitamine und Spurenelemente (allen voran Magnesium, Mangan, B-Vitamine und Vitamin E) auf dem Futterplan stehen. Generell muss die Ration möglichst kohlenhydratarm gestaltet werden.
Muskeln brauchen das richtige Futter
Dieses Fazit lässt sich sowohl nach Betrachtung der einzelnen Muskel-Typen als auch der am häufigsten auftretenden Muskel-Problematiken unweigerlich ziehen. Hierzu hat das navalis-Sortiment einiges zu bieten. Sowohl eine hochwertige Basisversorgung an Vitalstoffen durch das orthosal Kombi oder das orthosal Kombi Selen+ als auch die Antioxydazien in Form von orthosal Vitamin E und orthosal Selen bis hin zu den Aminosäuren im orthosal Amino 20 können miteinander kombiniert oder auch einzeln gefüttert werden, um die Muskulatur sowohl im Aufbau, im Wachstum, im Erhalt und in der Regeneration bestmöglich zu unterstützen.
Besonderheiten der Muskulatur des Pferdes. In: Salomon W, Hrsg. Die energetische Behandlung des Pferdes. 5., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019.
Handbuch Pferdepraxis, 4. Auflage, Brehm, Gehlen, Ohnesorg, Wehrend, Enke 2017