Magengeschwüre beim Pferd: Ursachen, Symptome, Behandlung und Prävention
Autor:in Kira Freienstein Veröffentlichungsdatum: 10/2024Ein Großteil unserer Pferde leidet an Magenprobleme - hier sind Fütterung und Haltung wichtige Grundlagen.
Magengeschwüre sind ein weit verbreitetes Problem bei Pferden, von dem bis zu 60 % aller domestizierten Pferde betroffen sein können. Sie entstehen durch eine Entzündung der Magenwand, die infolge einer Schädigung der schützenden Schleimhaut des Magens auftritt. In der medizinischen Fachsprache wird dieses Krankheitsbild als "Equines Magengeschwür-Syndrom" (EGUS - Equine Gastric Ulcer Syndrome) bezeichnet.
Dieser Ratgeber gibt einen umfassenden Überblick über die Ursachen, Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und Präventionsstrategien bei Magengeschwüren, um betroffene Pferde optimal zu unterstützen und gesunde Tiere bestmöglich vor dieser schmerzhaften Erkrankung zu schützen.
Aufbau des Magens beim Pferd
Der Magen des Pferdes ist relativ klein und in zwei Hauptbereiche unterteilt: den oberen, nicht-drüsigen (nicht-säureproduzierenden) und den unteren, drüsigen (säureproduzierenden) Teil.
- Der nicht-drüsige Teil besteht aus empfindlicherem Gewebe und ist anfälliger für Schäden durch Magensäure. Hier entstehen die meisten Magengeschwüre.
- Der drüsige Teil produziert Magensäfte, die bei der Verdauung helfen. Obwohl dieser Teil des Magens besser gegen Säure geschützt ist, können auch hier Geschwüre auftreten, wenn die Schutzmechanismen gestört sind.
Pferde produzieren kontinuierlich Magensäure, selbst wenn sie nicht fressen. In der Natur würden Pferde bis zu 16 Stunden am Tag weiden und dabei hauptsächlich Raufutter zu sich nehmen, was die kontinuierliche Säureproduktion ausgleicht. Domestizierte Pferde hingegen bekommen oft weniger, aber größere Mahlzeiten und haben längere Fresspausen, was das Gleichgewicht zwischen Säureproduktion und Schutzmechanismen stören kann.
Ursachen und Symptome für Magengeschwüre bei Pferden
Magengeschwüre können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, die alle das empfindliche Gleichgewicht im Magen beeinträchtigen:
- Unregelmäßige Fütterung: Längere Fresspausen zwischen den Mahlzeiten führen dazu, dass die kontinuierlich produzierte Magensäure die Magenwände angreifen kann.
- Kraftfutter: Eine faserarme Ernährung, die überwiegend aus Kraftfutter besteht, reduziert die Kautätigkeit und damit die Speichelproduktion. Speichel wirkt als natürlicher Puffer gegen die Säure.
- Stress: Häufige Stallwechsel, Transport, Turnierteilnahmen oder intensive Trainingsprogramme können zu Stress führen, der die Magensäureproduktion erhöht und die Schutzmechanismen schwächt.
- Medikamente: Einige entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) wie Phenylbutazon können die Schleimhaut des Magens schädigen und die Entstehung von Geschwüren begünstigen.
- Haltungsbedingungen: Pferde, die zu wenig Weidegang haben oder viel Zeit in der Box verbringen, haben ein höheres Risiko, Magengeschwüre zu entwickeln. Bewegung fördert die Verdauung und hilft, das Säure-Basen-Gleichgewicht im Magen aufrechtzuerhalten.
Die Symptome von Magengeschwüren sind oft subtil und werden leicht übersehen oder fälschlicherweise anderen gesundheitlichen Problemen zugeordnet. Einige der häufigsten Anzeichen für Magengeschwüre bei Pferden sind:
- Verminderter Appetit: Pferde mit Magengeschwüren fressen oft weniger oder werden wählerisch bei ihrem Futter.
- Zähneknirschen (Bruxismus): Pferde, die unter Magenschmerzen leiden, können mit den Zähnen knirschen.
- Gähnen: Häufiges Gähnen kann ebenfalls ein Hinweis auf Magenschmerzen sein.
- Schlechte Fellqualität: Ein stumpfes, glanzloses Fell ist ein allgemeines Zeichen für schlechte Gesundheit und kann auf Magengeschwüre hinweisen.
- Gewichtsverlust: Pferde mit Magengeschwüren nehmen oft ab, da sie weniger fressen und ihre Verdauung beeinträchtigt ist.
- Schmerzen beim Satteln: Pferde zeigen möglicherweise Abwehrverhalten, wenn sie gesattelt oder gegurtet werden, da dies Druck auf den Magen ausübt.
- Leistungsverlust: Pferde mit Magengeschwüren wirken oft lethargisch und haben weniger Ausdauer oder benötigen längere Erholungszeiten nach dem Training.
- Verhaltensänderungen: Ein gestresstes oder gereiztes Verhalten kann ebenfalls auf Magengeschwüre hindeuten.
- Koppen oder Luftsaugen: Pferde mit Magenproblemen zeigen häufig diese Verhaltensstörungen als eine Art Selbstberuhigung.
Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Pferde mit Magengeschwüren eindeutige Symptome zeigen. In einigen Fällen sind die Anzeichen sehr subtil, was die Diagnose erschwert.
Diagnostik: Untersuchungsmethoden bei Verdacht ein Geschwür im Magen des Pferdes
Die einzige sichere Methode, um Magengeschwüre beim Pferd zu diagnostizieren, ist eine Gastroskopie. Dabei wird eine Kamera durch die Speiseröhre in den Magen eingeführt, um die Schleimhäute zu untersuchen und Geschwüre sichtbar zu machen. Diese Untersuchung wird von einem Tierarzt durchgeführt und erfordert, dass das Pferd mindestens 12 Stunden vor der Untersuchung nüchtern bleibt.
Medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlung von Magengeschwüren bei Pferden
Die Behandlung von Magengeschwüren hängt von der Schwere der Geschwüre und deren Lage im Magen ab. In den meisten Fällen wird eine Kombination aus medikamentöser Behandlung und Änderungen im Fütterungs- und Managementplan empfohlen:
- Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol): Diese Medikamente reduzieren die Magensäureproduktion und fördern so die Heilung der Geschwüre.
- Antazida: Diese Mittel neutralisieren die Magensäure und bieten vorübergehende Linderung.
- Ergänzungsfuttermittel: Um den Säure-Basenhaushalt ins Gleichgewicht zu bringen, empfehlen wir unser gastrocare. Es unterstützt die Aufrechterhaltung eines normalen pH-Wertes im Magen und verbessert den Appetit bei Pferden mit gestörtem Säure-Basen-Haushalt.
- Futtermanagement: Pferde sollten Zugang zu ausreichend Raufutter haben, um die Speichelproduktion zu fördern und den Magen zu schützen. Lange Fresspausen sollten vermieden werden.
- Stressreduktion: Pferde sollten möglichst stressfrei gehalten werden. Dazu können regelmäßiger Weidegang, weniger Transport oder Anpassungen im Trainingsplan beitragen.
Die Behandlung von EGUS wird von Ihrem Tierarzt in Abhängigkeit von der Lage und dem Schweregrad der Geschwüre bestimmt. Manchmal ist ein medizinischer Eingriff notwendig, in anderen Fällen können Anpassungen an der Fütterung und dem Fütterungsmanagement ausreichen, um das Ungleichgewicht zu korrigieren und die Heilung zu unterstützen. Die Behandlung sollte immer individuell erfolgen, da auch die Ursachen, warum ein bestimmtes Pferd Magengeschwüre entwickelt, individuell sind. Je nach Schweregrad der Magengeschwüre kann die Behandlung mehrere Wochen oder sogar Monate dauern. Es ist wichtig, dass die Behandlung so lange fortgesetzt wird, wie vom Tierarzt empfohlen, um ein Wiederauftreten der Geschwüre zu verhindern.
Prävention : Risiko für Magengeschwüre durch Fütterung und Pflege der Pferde mindern
Die Prävention von Magengeschwüren sollte für jeden Pferdebesitzer ein wichtiges Anliegen sein. Hier sind einige Strategien, die helfen können, das Risiko zu minimieren:
- Fütterung: Hat das Pferd ständig Zugang zu Raufutter (Heu oder Gras) hat, um die kontinuierliche Säureproduktion im Magen auszugleichen?
- Kraftfutter reduzieren: Kraftfutter sollte nur in Maßen und in kleinen Portionen gefüttert werden, um die Magensäureproduktion nicht unnötig zu steigern.
- Stressmanagement: Ist das Pferd unnötigem Stress ausgesetzt? Regelmäßiger Weidegang, eine stabile soziale Umgebung und ein stressfreies Training sollten selbstverständlich sein.
- Futterzusätze: Bestimmte Futtermittelergänzungen können helfen, den Magen zu schützen und das Säure-Basen-Gleichgewicht zu unterstützen. Hierzu beraten wir jederzeit gerne.
- Langsame Futterumstellungen: Wenn sich die Fütterung Ihres Pferdes ändert, sollte dies schrittweise erfolgen, um den Magen nicht zu belasten.
Magengeschwüre sind ein häufiges, aber vermeidbares Problem bei Pferden. Indem man auf eine ausgewogene Fütterung, eine stressfreie Umgebung und regelmäßige tierärztliche Untersuchungen achtet, reduziert sich das Risiko von Magengeschwüren erheblich. Sollte das Pferd dennoch Symptome zeigen, ist es wichtig, frühzeitig einen Tierarzt hinzuzuziehen und gegebenenfalls eine Gastroskopie durchzuführen, um die richtige Behandlung zu gewährleisten.
Quellen:
Magenerkrankungen des Pferdes -Diagnostik und Therapie
Anna May, Monica Venner, Emanuela Cavicchioli und Heidrun Gehlen, Pferdeheilkunde 28 (2012) 4 (Juli/August) 388-405
Handbuch Pferdepraxis, Dietz und Huskamp, 4. Auflage